Der Fernsprechautomat 1902 mit Induktor und Wecker von Zwietusch & Co.
Allgemeines:
Die Fernsprechautomaten waren Sprechstellen, bei denen ein Gespräch nur nach vorheriger Entrichtung des Gebührenbetrages geführt werden konnte. Sie gelangten als sogenannte „öffentliche Sprechstellen“ vorzugsweise in den Schalterräumen der Postanstalten, auf Bahnhöfen, in viel besuchten öffebtlichen Lokalen, in den Vorhallen öffentlicher Gebäude usw. zur Aufstellung. In einzelnen Städten wurden auch an Punkten lebhaften Straßenverkehrs Fernsprechautomaten in besonders errichteten Häuschen untergebracht. Auf Wunsch konnten auch Teilnehmersprechstellen mit Automaten anstatt mit gewöhnlichen Sprechapparaten ausgerüstet werden, wenn die Inhaber für die Dauer des Vertragsverhältnisses eine jährliche Mindesteinnahme gewährleisteten. Als Sicherheit hatten die Teilnehmer für die Dauer des Vertragsverhältnisses den vierten Teil der gewährleisteten Jahreseinneahme zu hinterlegen, die nach der höchsten im Orte zu zahlenden Pauschgebühr bemessen wurde. Solche Automaten boten dem Inhaber ein einfaches und natürliches Mittel, die Gesprächsgebühren von Personen, die sich des Automaten bedient hatten, entrichten zu lassen.
Die von der Verwaltung aufgestellten Automaten boten eine gute Einnahmequelle. Indes hatte der Automatenbetrieb auch seine Nachteile, die darin bestanden, dass die Automaten öfters von besonders Beauftragten geleert werden mussten, was Kosten verursachte, und dass die richtige Vereinnahmung der Gebühren schwer zu überwachen war. Weitere Nachteile entstanden der Verwaltung durch die Verwendung nachgeahmter Geldstücke seitens der Benutzer der Automaten einerseits und durch nicht selten vorkommende Beraubung der Automaten andererseits.
Funktionsweise:
Das Einwerfen des Geldstücks hatte erst nach Aufforderung seitens des Beamten zu erfolgen. Wollte jemand den Automaten benutzen, so hatte er in der üblichen Art und Weise zunächst das Amt anzurufen. Darauf hin nahm der Beamte die Nummer des gewünschten Teilnehmers entgegen und rief diesen an. Sobald er sich gemeldet hatte, forderte der Beamte die den Automaten benutzende Person zur Zahlung der Gebühr auf, die für Gespräche im Ortsverkehr und für solche im Nahverkehr 20 Pfennig betrug.
Durch das Einwerfen des Geldstücks entstand eine besondere Klangwirkung, die durch das Mikrofon des Automaten über die Anschlussleitung zum Amt übertragen wurde und den Beamten erkennen ließ, dass die Gebühr entrichtet wurde. Nunmehr erfolgte die Verbindung des Automaten mit dem gewünschten Teilnehmer.
Der Fernsprechautomat M. 02. ist nachfolgend mit geöffneter oberer Tür und zum Teil entfernter unterer Tür zu sehen. Darunter der Stromlauf. In dem Ausschnitt der oberen Tür befindet sich das Mikrofon und der Geldeinwurf, an der Innenseite die Glocke. Im Gehäuse selbst sitzt oben an der Rückwand der Wecker und darunter die Laufbahn für die Geldstücke, die gegen die Glockenschale fallen und diese dadurch zu tönen bringen. In der Nähe der Induktorkurbel befindet sich der zur Aufnahme der Geldstücke bestimmte Kasten. Der Hakenumschalter ist mit einem Kniehebel versehen. Sein rechtes Ende schiebt bei angehängtem Hörer eine Stange nach oben und versperrt damit die Öffnung für den Geldeinwurf. Der Stromlauf gleicht im Wesentlichen dem eines normalen Fernsprechgehäuses.
                   
                   
Fernsprechautomat M. 02., Hersteller Zwietusch &. Co.,
                   
Stromlaufzeichnung des Fernsprechautomaten M. 02 mit Wecker und Induktor, hergestellt von Zwietusch &. Co.
Der längere Zeit nachschwingende Ton durch den Fall eines Geldstückes überträgt sich auf das Mikrofon und wird von dem die Bezahlung überwachenden Beamten des Vermittlungsamts im Fernhörer deutlich gehört. Eine zweite Vorrichtung zum Kontrollieren des Bezahlens, wie sie bei den älteren Apparaten in der Einschaltung des Kontrollelementes  vorhanden war, besitzen diese Automaten nicht.
Die eingezeichneten Polarisationszellen PZ waren bei den Fernsprechnetzen mit selbsttätiger Schlusszeicheneinrichtung einzuschalten.
                   
                   
Literaturnachweise: Ergänzungen zur Beschreibung der in der Reichs-Telegraphenverwaltung gebräuchlichen Apparate, 1903.
Die Telegraphen- und Fernsprechtechnik, Ausgabe B von Carl Niendorf, 1906.
Die Schule des Elektrotechnikers von Alfred Holzt, 1913.