Heinrich von Stephan

Die Kunde von der Einfachheit des Bell`chen Telefons, das abwechselnd zum Sprechen und zum Hören verwendet werden kann, gelangte über spärliche Zeitungs- notizen in Berliner Zeitungen zu dem Generalpostmeister Heinrich von Stephan, dem Gründer des “Allgemeinen Postvereins”. Von Stephan bemühte sich, mehr über die Bell-Telefone in Erfahrung zu bringen und hielt letztendlich einen Artikel des Scientific American vom 06. Oktober 1877 in seinen Händen. Noch am gleichen Tag, dem 18. Oktober 1877, schrieb Stephan an den Elektriker der nordamerikanischen Telegra- phengesellschaft Western Union Telegraph Company Herrn Georg B. Prescott.

“Ich bitte Sie, mir einen Satz des Bell-Apparats käuflich zu überlassen und mir mitzu- teilen, ob Sie schon Versuche damit angestellt haben und wie sie ausgefallen sind”.
Doch bereits am 24. Oktober 1877 erhielt Stephan von dem aus Hannover stammenden Chef des Londoner Haupttelegraphenamtes, Mr. Fischer, zwei Bell-Tele- fone. Sofort ließ Stephan Versuche anstellen, die zu seiner vollsten Zufriedenheit ausfielen. Am 12. November 1877 wurde die erste kleine Telegraphenanstalt mit Fernsprechbetrieb in Friedrichsberg bei Berlin in Betrieb genommen.

Es bleibt zu bemerken, dass in Deutschland die Verwendung des Fernsprechers zuerst vorwiegend in den Dienst des Telegraphierverkehrs aufgenommen wurde, während er in Amerika bereits zu dieser Zeit der Geschäftswelt zur Verfügung stand. Von Stephan ließ zunächst kleinere Telegraphenstationen mit Fernsprechern ausstatten, da Telegraphen und berittene Kuriere im Verhältnis viel zu teuer waren. Ende 1877 bittet Stephan den Berliner Polizeipräsidenten von Madai um die Zustimmung, die Dächer der Berliner Häuser als Stützpunkte für eine Stadtfernsprechanlage benutzen zu dürfen. Aber sowohl der Magistrat als auch die Bürger Berlins waren zunächst hiervon nicht begeistert. 

In einem handgeschriebenen Brief über das Wesen des Telefons und der Er- gebnisse der bereit erfolgten Versuche mit demselben, teilte Stephan dem Fürsten von Bismark seine Absichten, wie er den Apparat zu verwerten gedenke, am 09. November 1877 mit. Drei Tage später, am 12. November wurde Heinrich von Stephan zu Kaiser Wilhelm befohlen, um ihm das Telefon (Erstes Gebrauchs- Telefon aus Deutscher Fertigung) vorzuführen. 

Heinrich von Stephan

Stephan stellte in einem entfernt gelegenen Raum einen Violinenspieler an einem Apparat auf. Als der Kaiser an den Apparat in seinem Zimmer trat und die Violine hörte, äußerte er sein lebhaftes Erstaunen und sagte: 

“Es ist Ihr Glück, Stephan, dass Sie das nicht vor vier Jahrhunderten erfun- den haben, sonst wären Sie als Hexenmeister verbrannt worden.”

oben rechts: Heinrich von Stephan

Entwurf des Briefes Stephans an den Fürsten Bismark (1. und 2. Seite)