Münzfernsprecher 27a, 27a*, 27aI, 27aII und 27/33
Achtung:  Vom Münzfernsprecher - Modell 27aI - gab es nur Muster, er kam nie zur Anwendung.
 
Über diesen Münzfernsprecher schreibt Lorenz in seiner 50-jährigen Festschrift 1930 das Folgende:
Dem Beispiel des Auslandes folgend, hat sich die deutsche Reichspost vor einigen Jahren entschlossen, den Fernsprecher in bedeutend erweitertem Maße der Allgemeinheit dienstbar zu machen und ihn in Kiosken, auf Straßen und Plätzen unterzubringen. Von einem derartigen Apparat wird bei dem heutigen Gesprächsbedürfnis verlangt, dass er neben Ortsgesprächen auch die Führung von Vororts- und Ferngesprächen sowie die Aufgabe von Telegrammen gestattet.
Für alle diese Gesprächsarten, für die sehr verschiedene Gebühren zu entrichten sind, ist der Münzfernsprecher auch gleichzeitig die Kassierstelle, die die Gebühren vereinnahmt. (Die Anforderungen, die an einen derartigen Apparat gestellt werden müssen, sind weit höher als die an einen gewöhnlichen Fernsprechapparat zu stellenden, da er neben der telephonischen Übermittlung auch die Gebührenfrage sicher lösen und dem rauheren Betrieb gewachsen sein muß).
Diese Apparate, die heute unter dem Namen Münzfernsprecher bekannt sind, müssen in erster Linie, da sie der Öffentlichkeit dienen, die Abgabe von Notrufen, wie Feueralarm, Überfall und dergleichen gebührenfrei gestatten, da sie sich als Sprechapparate für die schnelle Herbeiholung von Hilfe am besten eignen. In keinem Falle darf etwa die Führung von Notrufgesprächen vom Einwerfen einer Münze abhängig sein.
Weiterhin darf ein derartiger Apparat auch nur die ihm in jedem Falle zustehenden Gebühren vereinnahmen und muß die vorausbezahlte Gebühr bei Nichtzustandekommen der Verbindung wieder zurückerstatten.
Der Lorenz - Münzfernsprecher Modell 27a erfüllt folgende Bedingungen:
1.
2.
3.
4.
5.
Gebührenfreie Führung von Notrufgesprächen,
Führen von Ortsgesprächen durch Zahlung einer Münze,
Führen von Vorortsgesprächen durch Zahlung von zwei oder mehreren Münzen nach Aufforderung der Beamtin,
Führung von Ferngesprächen nach vorhergehender Anmeldung und Zahlung gemäßvAufforderung,
Aufgabe von Telegrammen und Zahlung gemäß Aufforderung.
Der Münzfernsprecher ist zur Entgegennahme folgender Münzen eingerichtet: 5 PF., 10 Pf., 50 Pf. und 1 Reichsmark.
Zur unterschiedlichen Signalisierung dieser Münzen zum Amt ist die Einrichtung derart getroffen, dass ein
  5
10
50
1
Pfennig
Pfennig
Pfennig
Reichsmark
- Stück einmal,
- Stück zweimal an einen Gong,
- Stück einmal,
- Stück zweimal an eine Glocke
   
anschlägt. Die Übermittlung dieser Signale zum Amt erfolgt über Signalmikrophone, die im Apparat selbst eingebaut sind.
Bei Notrufgesprächen wird nach dem Abheben des Handappaarates die Gebühr gezahlt, da anderenfalls die Nummernscheibe vor Abgabe der letzten Dekade kurzgeschlossen wird. Meldet sich der Gegenteilnehmer, so kann der Sprechgast ihn wohl hören, aber nicht mit ihm sprechen, bevor er nicht durch Drücken des Zahlknopfes A die Gebühr bezahlt hat.
Bei Vorortgesprächen erfolgt der Anruf des Vermittlungsamtes wie bei Notruf gebührenfrei. Die Beamtin erkennt den Münzfernsprecher am Flackern der Anruflampe und fordert den Sprechgast vor Freigabe der Verbindung zum Zahlen auf. Die weitere Funktion ist dann dieselbe wie bei Ortsgesprächen.
Bei Ferngesprächen erfolgt die Gesprächsanmeldung wie vorher gebührenfrei. Nach dem Zustandekommen der Verbindung wird der gewünschte Teilnehmer angerufen. Die Gebührenentrichtung und Kassierung sowie Gesprächsfreigabe erfolgt wie vorher.
Bei Telegrammaufnahmen ist der Anruf wie vorher gebührenfrei. Die Annahmestelle fordert nach Entgegennahme des Telegramms zur Zahlung auf. Die Kontrolle der gezahlten Gebühren erfolgt wie bei Vorort- und Ferngesprächen durch Signalisierung der gezahlten Münzen über die Signalmikrophone. Die Weitergabe des Telegramms erfolgt erst, nachdem der Sprechgast die Gebühr bezahlt hat.
Bei Falschverbindungen oder Diverenzen über den gezahlten Betrag kann der Sprechgast über die Rückgabetaste B den eingezahlten Betrag zurückerhalten.
Aus dem Vorhergehenden ergiebt sich, dass in keinem Falle Gebühren vorher entrichtet werden, wenn die Beamtin mit der Abwicklung der Verbindung bzw. Annahme zu tun hat, so dass ihr jegliche Umrechnung einer zu entrichtenden Gebühr, wie dies bei Vorauszahlungen der Fall wäre, erspart bleibt. Zur Kontrolle der Gebührenzahlung erhält die Beamtin beim Drücken des A-Knopfes einen kurzen hohen Summerton und bei der Rückgabe der Gebühr über die Taste B mehrere Sekunden ein Tickerzeichen, so dass sie nie im Zweifel über die ausgeführte Handlung des Sprechgastes sein kann.
Ortsmünzfernsprecher 27a, ober Tür abgenommen Ortsmünzfernsprecher 27a, Vorderansicht
Klemmbrett (hintere Montageplatte) Schwenkrahmen (Vorderansicht)
Schwenkrahmen (Rückansicht) Obere Vordertür (Rückansicht)
Schwenkrahmen Schwenkrahmen mit Klangspirale
Beschreibung des Münzfernsprechers 27a (entnommen der Festschrift -50 Jahre Korenz von 1930)
Der Münzfernsprecher besteht aus einem mit zwei Türen versehenen Eisengehäuse. Im Gehäuseoberteil ist vorn der Kassierautomat und dahinter der Sprechapparat untergebracht. Das Unterteil ist, um Einbrüche zu verhindern, mit einer besonders konstruierten Schiebetür verschließbar und enthält den Münzbehälter. Der im Gehäuse schwenkbar gelagerte Kassierautomat besteht aus einer Münzeinwurfplatte, die mit den Schlitzen für die 4 verschiedenen Münzarten versehen ist. Münzen mit abnormal großem Durchmesser oder solche, die zu stark sind, können nicht durch die Schlitze der Münzeinwurfplatte hindurchgedrückt werden. Darunter befinden sich die vier Münzlaufbahnen, die mit Linealen zur Kontrolle der Münzen versehen sind. Münzen mit zu kleinem Durchmesser gleiten an den Linealen ab, kippen um und gelangen in die Rückgabe. Die Münzen, die der Automat als richtig befunden hat, gelangen nach Abgabe ihrer Signale in den beweglichen Münzkanal. Die kleinen Münzarten (5 und 10 Pfennig), die speziell dem Ortsverkehr dienen, also hierbei nicht der akustischen Prüfung einer Beamtin unterliegen, haben eine Münzwaage zu betätigen, die einen besonderen Münzwaage-Kontakt MWK steuert, der ersst den Impulskontakt der Nummernscheibe für die Aussendung der letzten Dekade frei gibt. Durch Drücken des Knopfes A wird der bewegliche Münzkanal nach links geschwenkt, es fallen dann die Münzen durch den Münzkamin des Gehäuses in nden Münzbehälter, wogegen durch Betätigung des Knopfes B der bewegliche Kamin nach rechts geschwenkt wird und die Münzen in die Rückgabe gelangen. Damit nach einer Gebührenrückzahlung durch den B-Knopf eine sicher Auftrennung der vorangegangenen Verbindung gewährleistet wird, ist mit ihm ein Zeitschaltwerk verbunden, das einen Kontakt B steuert, der etwa 5 Sekunden die Amtsschleife unterbricht. Beim Durchdrücken der Münzen durch die Schlitze der Münzeinwurfplatte muß die erste Münze einen Münzeinwurfkontakt MEK 1 und 2  umlegen, der das Sprechmikrophon des eigenen Appartes so lange kurzschließt, bis die Kassierung durch den A-Knopf erfolgt.
Damit die Beamtin niemals im Zweifel ist, welche Handlung der Münzteilnehmer ausführt, steuern die beiden Knöpfe A und B besondere Kontakte, die sehr unterschiedliche Signal der Beamtin übermitteln. Der A-Knopf löst den Schwirrkontakt SK aus, der einen hohen Ton aussendet, wogegen durch den B-Knopf das Pendel des Zeitschaltwerkes einen besonderen Tickerkontakt TK steuert.
Die Münzkassette besteht aus einem mit einem plombierbaren Deckelabschluss versehenen Eisenbehälter. Beim Einschieben der Münzkassette in den Apparat ist die Einwurfverschlussplatte in vorbereitender Stellung, deckt jedoch den Münzeinwurf ab. Im eingeschobenen Zustand wird diese Verschlussplatte durch einen an der Rückwand des Gehäuses angebrachten Stift etwa 60° geschwenkt, so dass der Münzeinwurf geöffnet ist. Beim Herausziehen der Kassette aus dem Gehäuse wird automatisch der Münzeinwurf durch die Abdeckplatte geschlossen und blockiert, so dass eine Entnahme der Münzen nur noch nach der Entfernung der Plombe möglich ist. Die Wiedervorbereitung zum Einschieben der Kassette kann nur im geöffneten Zustande vorgenommen werden.
Die Nummernscheibe mit Zusatzkontakt besteht aus einer normalen Nummernscheibe, die jedoch mit einem besonders gesteuerten Zusatzkontakt ausgerüstet ist, um den Impulskontakt nach Aussendung einer gewissen Stromstoßreihe kurzzuschließen. Mit diesem Kontakt in Schleife liegt dann der Münzwaagekontakt, so dass der nsi-Kontakt nur dann weitere Stomstöße aussenden kann, wenn der Münzwaagekontakt mit einer Münze belastet, also geöffnet ist. Auf der Hauptachse ist eine Mitnehmerfeder angebracht, die bei jedesmaligem Aufzug der Nummernscheibe das Steuerrad des Zusatzkontaktes um einen Schritt weitertransportiert. Durch besondere Bohrungen, die mit den Zähnen dieses Rades übereinstimmen, kann ein Stift versetzbar angeordnet werden, so dass er, je nach Bedarf, nach der 2., 3., 4., oder 5. Dekade den Zusatzkontakt in Tätigkeit setzt. Nach Beendigung des Gespräches wird die Nummernscheibe in der üblichen Weise ausgelöst, das Steuerrad freigegeben und der Zusatzkontakt geöffnet. Die Nummernscheibe bleibt bis zum nächsten Gespräch blockiert.
Der Sprechapparat-Einsatz besteht aus einer Montageplatte zur Aufnahme folgender Apparate: Aufhängehaken mit Auslösegestänge für die Nummernscheibe, Steuerhebel mit Verzögerungspumpe für den Hakenumschaltekontakt, Induktionsspule, Wechselstromwecker, Kondensator, Widerstandsspulen und einer mit besonderen Kontaktfedern versehenen Anschlussleiste, die die Verbindung mit dem Kassierautomaten im Gehäuse vermittelt. Der Sprechapparat-Einsatz ist nach der Dämpfungsschaltung geschaltet, um Störungen zu vermeiden, wenn der Münzfernsprecher an einem geräuchvollen Ort aufgestellt sein sollte. Der Prinzipstromlauf ist aus nachfolgender Abbildung ersichtlich.
Schaltung der Münzfernsprecher 27a und 27a*
MEK I und II Münzeinwurfkontakte, werden beim Einwerfen einer Münze betätigt, beim Drücken des Zahlknopfes A oder des Rückgabeknopfes B zurückgelegt.
MWK Münzwaagekontakt, wird durch das Gewicht der Münzen für ein Ortsgespräch umgelegt und beim Drücken von Knopf A oder B zurückgelegt.
TK Tickerkontakt, wird durch ein Pendel beim Drücken von Knopf B betätigt.
RK Rückgabekontakt, wird beim Drücken von Knopf B betätigt und bleibt etwa 10 Sekunden geöffnet.
SK Schnarrkontakt, wird beim Drücken von Knopf A betätigt.
ZK Zusatzkontakt an der Nummernscheibe, schließt nach 1 bis zu 5 einstellbaren Zahl von Stromstoßreihen.
SM Sprechmikrophon.
KLM Klangmikrophon.
  Achtung!!   MEK II  und  Wi 10  kommen beim Münzfernsprecher 27a* hinzu.
Drahtführung des Münzfernsprecher 27a und 27a*
Schaltung der Münzfernsprecher 27aII
MEK I und II Münzeinwurfkontakte, werden beim Einwerfen einer Münze betätigt, beim Drücken des Zahlknopfes A oder des Rückgabeknopfes B zurückgelegt.
MWK Münzwaagekontakt, wird durch das Gewicht der Münzen für ein Ortsgespräch umgelegt und beim Drücken von Knopf A oder B zurückgelegt.
TK Tickerkontakt, wird durch ein Pendel beim Drücken von Knopf B betätigt.
RK Rückgabekontakt, wird beim Drücken von Knopf B betätigt und bleibt etwa 10 Sekunden geöffnet.
SK Schnarrkontakt, wird beim Drücken von Knopf A betätigt.
ZK Zusatzkontakt an der Nummernscheibe, schließt nach 1 bis zu 5 einstellbaren Zahl von Stromstoßreihen.
SM Sprechmikrophon.
KLM Klangmikrophon.
Drahtführung des Münzfernsprecher 27aII
Die Unterschiede zu den Münzfernsprechern 27a und 27a*:
1. Die Sprechmöglichkeit des Sprechgastes mit der Vermittlungsbeamtin bleibt auch während der Bezahlung von Ferngesprächen erhalten, weil das Sprechmikrophon unabhängig von den Münzeinwurfkontakten ist.
2. Der Kurzschluss des Sprechmikrophons unmittelbar nach dem Geldeinwurf bei einer gebührenpflichtigen Verbindung unterbleibt, ebenso wird die Wahl einer gebührenpflichtigen Verbindung ohne vorherigen Geldeinwurf unterbunden. Dies wird erreicht über den in Reihe mit dem Dekadenkontakt ZK liegenden Münzwaagekontakt MWK, die parallel zum nsi-Kontakt der Nummernscheibe und parallel zum Sprechmikrophon liegen.
                                       
Gemeinsam ist allen Ausführungen des Münzfernsprecher 27 der Nummernschalter. Es handelt sich hierbei um den Sperrnummernschalter 27.
                                       
Der Münzfernsprecher 27/33.
Die Letzte Version des Münzfernsprecher 27 wurde ab ca. 1933 im gleichen Gehäuse gebaut. Es handelte sich um einen Appart für Orts- und Fernverkehr, der ebenfalls über Klangmikrophone verfügte. Auf den Rückgabekontakt und den Münzeinwurfkontakt dagegen wurde verzichtet, wobei die Aufgabe des Rückgabekontaktes von den Hakenumschaltekontakten übernommen wird. Der Hakenumschalter ist mechanisch verzögert. Über einen zusätzlichen Arbeitskontakt des Münzwaagekontaktes wird das Kurzschließen des Fernhörers bewirkt. Die Bezeichnung 27/33 soll lediglich darauf hinweisen, dass die Schaltung des Apparates dem der Münzfernsprecher 33 gleicht.
Drahtführung des Münzfernsprecher 27/33
                                       
Literaturverzeichnis: Festschrift der C. Lorenz AG. - 50 Jahre Lorenz - 1930.
Schaltbilder für Sprechstelleneinrichtungen der Deutschen Bundespost, Teil 1: Nachdruck der RPZ-Ausgabe - ZB - 1936, Druckerei F. L. Wagener, Lemgo.
Bildmaterial: Aufnahmen vom Münzfernsprecher im Deutschen Telefon-Museum in Morbach
Zeichnungen: Siegfried Warth, Deutsches Telefon-Museum